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Die alte Kirchenbibliothek der Kirchengemeinde Grünberg

 

 

 

 

Katalog der Alten Kirchenbibliothek (Titelbild rechte Spalte)

Es ist eine große Freude, dass nun der Katalog der Alten Kirchenbibliothek der Kirchengemeinde Grünberg in gedruckter Form vorliegt. Nur wenige Kirchenbibliotheken haben in Hessen die Jahrhunderte überstanden.

Mit Akribie hat der Wissenschaftshistoriker und Theologe Carl Ehrig-Eggert diese Arbeit erstellt. Der kommentierte Katalog fasst nicht nur den Bestand zusammen, sondern führt in Inhalte der Bücher ein und stellt die Verfasser in den jeweiligen kirchengeschichtlichen Kontext. Das macht dieses Buch in seinem theologischen Gehalt so ertragreich. Deutlich wird, mit welcher Literatur sich die Grünberger Pfarrer auseinandergesetzt haben. Es gehört seit der Reformation zum Bildungsauftrag der evangelischen Pfarrer, dass sie sich nicht mit dem begnügen, was sie zu Beginn ihrer Ausbildung gelernt haben, sondern dass sie sich fortgesetzt durch ihr ganzes Berufsleben weiterbilden sollen, um die Qualität ihrer Arbeit zu aktualisieren und wie man in Oberhessen sagte „Auf­gewärmtes“ zu unterlassen.

Da die Predigten bis ins 18. Jahrhundert zuweilen um die drei Stunden in Anspruch nahmen und nach vorgegebenen Strukturen verfasst werden mussten, bedurfte es in jedem Falle der literarischen Inspiration. Zudem nahmen die Pfarrer an den theologischen Wettstreiten ihrer Zeit oft lebhaften Anteil und da galt es die Bücher der anderen zu studieren, die zum Teil noch in Latein verfasst waren. So wirkte die Universitätstheologie von Marburg und Gießen, wenn die Pfarrer ihren Verpflichtungen nachkamen, bis in das kleinste Dorf des Hessenlandes hinein. Das Pfarrhaus wurde somit zu einem Ableger der theologischen Fakultäten. In ihm wurde gelesen, studiert, Theologie getrieben, geschrieben und gedichtet. Bis heute veröffentlichen PfarrerInnen Bücher zu ihren Spezialthemen. Das ist ein Erbe
der Reformation. Die Bildung der Pfarrer trug wesentlich zu einer Gesamthebung der Bildung der Bevölkerung bei. Im Sinne Martin Luthers und besonders Philipp Melanchtons waren die Pfarrer Theologen und Pädagogen und in beiden Bereichen in ihrem Wirken dem Landesvater und Gott gegenüber verantwortlich. Ständige Visita­tionen trugen zur Qualitätssicherung bei.
In dieser Bildungs-tradition steht zum Beispiel die Erwachsenenbildungsarbeit
der Ev. Kirchengemeinde Grünberg bis zum heutigen Tage.
 
Als ich im Jahr 2002 Pfarrer an der Stadt
kirche wurde, entdeckte ich auf meinen Erkundungsgängen relativ rasch unter dem Kirchendach die Alte Kirchenbibliothek und verspürte das Glück eines Schatzsuchers.
Es war für mich und den damaligen Kirchen­vorstand keine Frage, dass die Bibliothek gesichert und inhaltlich erschlossen werden muss. Im Pfarrhaus an der Stadtkirche wurde ein Raum hergerichtet, der die ehr­würdigen Bücher aufnahm und in Regalen präsentierte. Rasch erhielt der Raum die Bezeichnung „Alte Bibliothek“. Die großen Formate verliehen ihm eine kostbare Ausstrahlung und ungezählte Seelsorge­gespräche wurden durch die Gegenwart dieser Bücher mit inspiriert. Rückwirkend danke ich meinem Schüler, dem späteren Zivildienstleistenden der Stadtkirchen­gemeinde Johannes Grün für die Überführung und behutsame Reinigung der Bücher. Unter wissenschaftlicher Anleitung von Oberstudienrat Friedrich Damrath, Laubach-­Kolleg der EKHN, erstellte Johannes Grün zudem die erste vollständige Erfassung in Karteiformat.
In den Folgejahren präsentierte ich im Gemeindebrief immer wieder einzelne Bücher, auch mit dem Hintergedanken Sponsoren für die Restaurierung zu werben. Einmal hat es geklappt und die wertvolle Kurfürstenbibel konnte wieder in ihre alte Pracht zurück­versetzt werden. Vielleicht weckt der nun vorgelegte Katalog neue Großzügigkeit.

Die Alte Grünberger Bibliothek ist ein kost­barer Baustein der hessischen Literatur- und Theologiegeschichte. Gleichfalls erinnert sie an die große bildungsgeschichtliche Leistung der Reformation, die mit dem Einzug der landgräflichen Klosterkommission November 1527 in Grünberg offiziell ihren Anfang nahm.

Der Dank gilt Carl Ehrig-Eggert und dem aktuellen Kirchenvorstand für die Umsetzung dieses anspruchsvollen Projektes. In gleicher Weise Laura Peter und Elke Peter für die vorzügliche Gestaltung und Fotografien. Dank an die Grünberger Sponsoren, Familie Bender (Bender GmbH & Co. KG), Familie Tischer (GreenHill Elektronik GmbH), Familie Horst (Grünberger Markthalle Edeka Horst), Familie Riedmann (Riedmann Getränke) und den Kirchenvorstand der Ev. Kirchengemeinde Grünberg, die die Drucklegung des Kataloges ermöglichten.
gez. Hartmut Miethe

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